Ohrakupunktur

Die Reizung von Akupunkturpunkten und Reflexpunkten (s.a. Akupressur) im Ohr ist wohl eine der  ältesten und am weitesten verbreiteten Heilmethoden der Welt. Durch Einstiche mit Nadeln an genau festgelegten Punkten des Ohrs können Störungen im Körperinneren beseitigt oder gelindert werden.

Die Entwicklung der Akupunktur begann vor mehr als 4000 Jahren in China. Detaillierte Angaben über ihre Entwicklung sowie der Traditionellen Chinesischen Medizin findet man aber erst mit dem Beginn der Shang-Dynastie (1766-122 v. Chr.). Erst in der Zhou-Dynastie (1006-221 v. Chr.) werden durch den Arzt Pien Chio die ersten Akupunkturpunkte festgehalten. Er ist der erste chinesische Arzt, dessen Anwendung der Akupunkturtechnik historisch nachgewiesen werden kann.

(Abb. 9) Hippokrates, 460-370 v. Chr., griechischer Arzt
Von Hippokrates (460-370 v. Chr.) ist überliefert, er habe Fälle von Impotenz durch Aderlass hinter dem Ohr kuriert. Zeitgleich wurden im alten Ägypten zur  Empfängnisverhütung bestimmte Punkte im Ohr angestochen. Auch zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert gab es immer wieder Berichte über Heilungen, die durch die Behandlung über das Ohr erzielt wurden.


Aber erst in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die Ohrakupunktur oder Auriculo-Therapie von dem französischen Arzt Paul Nogier (1908-1996) wiederentdeckt und weiterentwickelt. Nogier ging von der Vorstellung aus, dass das Schema des embryonalen, auf dem Kopf stehenden,  menschlichen Körpers sich auf die Ohrmuschel projiziert und somit die Akupunkturpunkte den entsprechenden Körperregionen zugeordnet werden können.

Die Ohrmuschel wird von den drei grossen Nerven durchzogen - dem Trigeminusnerv, dem Vagusnerv und dem Plexus cervicalis superficialis. Die Kerne dieser Nerven liegen im verlängerten Rückenmark und sind mit der dort befindlichen Formatio reticularis verknüpft. Diese ist die entscheidende Schaltstelle zwischen dem Gehirn und dem Körper. Die Wirkungen der Ohrakupunktur sind noch nicht hinreichend geklärt, es wird aber angenommen, das durch Reizung der Ohrmuschel Signale auf extrem kurzem Weg über die Formatio reticularis zum Gehirn oder zum korrespondierenden Organ im Körper weitergeleitet werden. Andere Erklärungsmodelle gehen davon aus, dass neben den Blutgefässen, Lymphbahnen und Nerven ein unsichtbares, energetisches System im Körper besteht, auf das die Ohrakupunktur stabilisierend einwirkt.

Über die Ohrreflexzonen kann ich Schmerzen und Störfelder im Körper ausfindig machen. Störherde sind vom Patienten oft unbemerkt, wirken sich aber negativ auf den Körper und die Heilung aus. Als Störfelder werden eitrige Mandeln und Zähne, chronische Kieferhöhlenentzündungen und Narben bezeichnet, aber auch Giftbelastungen (z.B. Quecksilberbelastungen durch Amalgamfüllungen).

(Abb. 16) Akupunkturnadeln im rechten OhrOhrakupunkturpunkte lassen sich durch Erfahrung oder mit Hilfe eines Suchgerätes nur dann auffinden, wenn eine Irritation oder eine Funktionsstörung vorliegt, während Körperakupunkturpunkte aufgrund ihres verminderten Hautwiderstands jederzeit zu lokalisieren sind. Die in der Ohrmuschel lokalisierten Punkte haben bis auf wenige Ausnahmen einen Durchmesser von 0,2 - 1 mm. In der Regel erfolgt die Behandlung über das Ohr der dominanten Hirnhälfte, d.h. bei Rechtshändern wird vornehmlich das linke Ohr therapiert und umgekehrt.

Pro Sitzung werde ich Ihnen im allgemeinen 1-4 Nadeln setzen; die verwendeten Nadeln sind dünn und kurz. Bei der Ohrakupunktur werden drucksensible, elektrisch messbare Punkte der Ohrmuschel zur Diagnostik und Behandlung mechanisch oder elektrisch gereizt.  Dadurch wird ein gestörter Energiefluss normalisiert. Wenn auf der Ohrmuschel z.B. der Leberpunkt elektrisch verändert oder druckempfindlich ist, bedeutet dies eine Störung im Bereich der Leber. Die Nadeln werden 15 bis 30 Minuten liegen gelassen und dann wieder gezogen. Die Akupunktur ist eine schmerzarme Methode, bei der nur der Einstich spürbar ist, und zwar vergleichsweise schwächer als derjenige, wenn ich Ihnen eine Spritze gebe.

Manche Kranke empfinden nach der Akupunktur sofort Erleichterung, andere brauchen Tage dazu. Üblicherweise benötigt man etwa vier oder fünf Behandlungen, im Abstand von etwa einer Woche, bevor eine Besserung verspürt wird. Bei bereits länger bestehenden Beschwerden können jedoch auch 10 oder 15 Behandlungen nötig sein.

Bewährte Anwendungsbereiche für die Ohrakupunktur sind:

Erkrankungen, die auf eine gestörte Organfunktion zurückzuführen sind

Schmerzen, Kopfschmerzen, Migräne

chronische Schmerzzustände des Bewegungsapparates

Behandlung von Suchterkrankungen (z.B. Raucherentwöhnung)

Asthma, Allergien, Trigeminus-Neuralgien

Schlafstörungen, Depressionen

klimakterisches Syndrom















(Abb. 17) Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Für folgende Krankheitsbilder wird die Akupunktur sogar von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf empfohlen:


akute Bronchitis und Bronchialasthma

akute Nebenhöhlenentzündung

allgemeine Erkältungskrankheiten

Folgezustände der Kinderlähmung

Gesichtslähmung im Frühstadium

Kopfschmerz und Migräne

Kreuzschmerzen und Ischialgien

Lähmung nach Schlaganfall

Meniére-Krankheit

Osteoarthritis

periphere Neuropathien

Schulter-Arm-Syndrom

Tennisellenbogen

Trigeminus-Neuralgie

Verstopfung, aber auch Durchfall